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Sagen aus der Umgebung
Von dem
Schäfer und der Jungfrau an der Bramburg
Bei „Schäfersengern“ [Schäfers Anger], nördlich der Bramburg und westlich der „Holmke“, hat das Dorf Bramke gelegen. Nichts ist mehr von dem Orte zu finden. Folgende Sage hat dort ihren Schauplatz.
Ein Schäfer hütete vor vielen Jahren dort seine Herde. Er saß im kühlen Schatten des Waldes und betrachtete eine schöne blaue Blume, die er im Gebüsch gefunden hatte. Plötzlich stand eine Jungfrau vor ihm, die ihm winkte, mitzugehen. Er folgte. Über Stock und Stein, durch Busch und Dorn ging es freiauf zur Bramburg; dorthin, wo die Basaltfelsen emporragen. Der Felsen öffnet sich, und der Schäfer wird in einen großen Saal geführt, an dessen Wänden Tonnen Goldes stehen.
„Nimm dir soviel, als du willst, aber vergiss das Beste nicht!“ fordert die Jungfrau ihn auf. Der Schäfer füllt sich die Taschen mit Gold. Die schöne blaue Blume, über die er sich vorhin so sehr gefreut hatte, liegt längst unbeachtet am Boden.
„Vergiss das Beste nicht“, ertönt wiederum die Mahnung. Immer mehr Gold füllt sich der Schäfer in die Taschen. Als er genug des schimmernden Metalles hat, wendet er sich zur Tür.
„Vergiss das Beste nicht“, ertönt zum dritten Male die Mahnung, doch der Schäfer schreitet vorwärts. Als er im Begriff ist, aus dem Saale ins Freie zu treten, schließt sich die Tür von selbst mit gewaltiger Kraft und reißt dem Schäfer die Ferse ab. Wimmernd sinkt er zu Boden und er hört die Stimme der Jungfrau: „Nun kann ich solange nicht mehr erlöst werden, bis aus der Ferse ein Baum gewachsen ist.“
Diese Sage ist gerade für die Bramburg bezeichnend und tiefer Sinn liegt darin: „Tonnen Goldes“ sind aus dem kalten Gestein geworden und manch Menschenleben hat die Arbeit im Steinbruch gefordert.
Die befreundeten Riesen auf der Bramburg und der Plesse
In alten Zeiten lebten auf der Bramburg und auf der Plesse Riesen, welche immer zusammen Brot backten. Einmal war der Riese auf der Bramburg an der Reihe des Backens. Als alles fertig ist, nimmt der Riese von der Plesse seine Brote und geht weg, aber er befiehlt dem Bramburger Riesen, den Backtrog ordentlich wieder reine zu kratzen, was dieser auch zu tun verspricht. Aber er ist zu faul zu dieser Arbeit und kratzt statt des Troges seinen gewaltigen Körper. Doch der Plesseriese hat den Schwindel bemerkt und in seinem Zorn rafft er Steine zusammen, um nach dem Bramburgsriesen zu werfen. Allein die Entfernung ist doch etwas zu weit, denn alle Wurfgeschosse fallen bei Asche und Fehrlingsen zur Erde, woselbst sie heute noch liegen.
Die Glocken
von Friwole
Im Heerbrunnen sollen die Glocken von der Kirche in Friwole liegen und in jeder Neujahrsnacht läuten.
Einige Leute hätten Geld aus der Erde "heben" wollen. Ein Kessel voll Gold sei auch emporgestiegen, aber als sie ausgerufen hätten: "Den haben wir!" sei er wieder versunken.
Man soll Geister am Himmelfahrtstage dort gen Himmel fahren sehen.
Der Stapelberg
Der Stapelberg auf halber Strecke zwischen Lödingsen und Wibbecke, noch in der Lödingser Feldmark gelegen, schien in alter Zeit eine willkürliche Laune der Natur zu sein, um dessen Entstehen sich daher auch eine Sage verbreitete.
Die Riesen auf der Bramburg hatten naturgemäß eine sehr große Wohnung. Diese rein zu halten, war seit langer Zeit die Aufgabe der Großmutter. Da diese aber inzwischen schon recht alt und gebrechlich geworden war, hatte sie große Mühe, den Kehrricht stets an den eigentlich dafür vorgesehenen Platz westlich der Bramburg zu bringen.
Während die anderen Riesen zur Arbeit waren, versah die Großmutter sorgfältigst ihre Putzarbeit, brachte dann aber den Fegedreck nicht weg, sondern leerte die Kehrbleche einfach gleich nahe der Haustüre aus. Da der Schmutz immer wieder in hohem Bogen auf die gleiche Stelle in der Lödingser Feldmark fiel, stapelte sich so im Laufe der Jahre der Kehrricht stetig auf. Nach vielen Jahren, als die Großmutter schon lange verstorben war, bezog dichter Bewuchs diesen Berg.
Die Lödingser gaben diesem Hügel deshalb den Namen "Stapelberg" und schlagen noch heute daselbst ihr Brennholz.
Der Schäferstein
Im Bremker Tale unterhalb der Bramburg wohnte vor vielen Jahren ein reicher Bauer. Er hatte einen großen Hof, viel Land, viel Vieh und das große Holz im Tale gehörte ihm auch. Aber sein größter Stolz war seine hübsche Tochter.
Eines Tages zog ein Schäfer mit seiner Herde durch das Tal. Er tränkte seine Schafe mit dem Wasser aus dem tiefen Brunnen des Bauern. Dabei sah er auch die hübsche Tochter. Es war Liebe auf den ersten Blick. Beide mochten sich gern. Der Schäfer kam nun öfter in das Tal und er hielt eines Tages beim Bauern um die Hand dessen Tochter an. Doch der lachte lauthals und sagte: "Meine Tochter heiratet einen reichen Bauern, aber keinen armen Schäfer, wie du einer bist."
Doch der Schäfer ließ sich nicht abweisen. Immer wieder kam er ins Tal und fragte nach. Da wurde der Bauer ärgerlich und er sagte, um den Schäfer endlich loszuwerden: "Wenn du diesen Stein den Berg hinaufträgst bis zur dicken Eiche, dann sollst du meine Tochter zur Frau haben."
Der Schäfer, der ein starker Kerl und ein Naturbursche war, nahm den Stein auf den Buckel und stolperte den Berg hinauf. Als er schon fast bei der dicken Eiche angelangt war, rutschte er aus und der schwere Stein begrub ihn unter sich. Der Schäfer wurde an Ort und Stelle begraben und den große Stein wälzte man auf sein Grab. Da liegt er auch heute noch. Daher kommt der Name 'Schäferstein'.
Die Tochter ging in ein Kloster und wurde Nonne. Der Bauer wanderte aus und ist seitdem verschollen. Der Hof verfiel und die dicke Eiche wurde von einem Blitz gefällt. In düsteren Sturmnächten oder in der Geisterstunde wollen Leute schon einmal den Geist des Schäfers und dessen Schreie nach seiner hübschen Braut gehört haben.
Der Geist
auf dem Kirchhofe
Es ging in der Maiennacht ein Mann aus Hettensen nach Vernawahlshausen, um dort Sensen zu kaufen. Als er in die Nähe der Schule [Am Kirchberg 1] kommt, sieht er, dass dort noch Licht brennt, während sonst im Dorfe alles dunkel ist. Der Mann glaubt, es sei gegen Morgen und wundert sich, dass der Lehrer [Christian Jörn, 1815/16 Lehrer in Hettensen] schon Licht angezündet hat.
Plötzlich schlägt es 11 Uhr. Er denkt sich, in der "Schickestunde" sollst du doch nicht über die Bramburg gehen. Deshalb setzt er sich auf die Kirchtreppe, um die gruselige Stunde vorübergehen zu lassen. Da öffnet sich die Schultür. Der Lehrer, mit einem Stuhl und einer Laterne versehen, tritt heraus, geht an dem Mann auf der Treppe vorbei und verschwindet auf dem Kirchhof [Friedhof direkt neben der Kirche; Bramburgstraße 4-8]. Der Mann denkt sich: "Was hat der Schulmeister jetzt auf dem Kirchhof zu suchen?"
Vorsichtig schleicht er ihm nach und sieht nun den Lehrer unter einem Zelte auf dem Kirchhof sitzen. Vor ihm, auf einem Tisch, liegt ein Buch, in dem er eifrig liest.
Nach einiger Zeit findet in Hettensen eine Hochzeit statt. Auch Lehrer Jörn und der nächtliche Beobachter sind zugegen. Da der Mann nur zu gern erforscht hätte, was Jörn in der Nacht auf dem Friedhof getrieben hat, wendet er sich an ihn mit der Bitte um Aufklärung. Jörn antwortete: "Also Sie sind der Mann, der damals auf der Treppe gesessen hat. Noch ist nichts von den Erlebnissen dieser Nacht über meine Lippen gekommen. Jetzt will ich's erzählen. Was ich alles dort 'gesehen' habe, will ich verschweigen, es auch keinem raten, es mir nachzutun.
In der betreffenden Nacht kommen alle die, welche im Laufe des Jahres sterben werden, sie besuchen ihre Stelle und schweben vorüber. Wer in dieser Nacht auf dem Kirchhofe einen bestimmten Gesang vor- und rückwärts liest, kann die Geister sehen. Mit den guten Geistern bin ich gut fertig geworden, doch mit einem bösen Geist habe ich zu kämpfen gehabt, und einen habe ich nicht gekannt."
Der böse Geist soll der unbekannte Mörder eines Hammelaufkäufers gewesen sein. Da der Schulmeister Jörn in demselben Jahr verstorben ist, ist der unbekannte Geist er selbst gewesen. [Jörn, der aus Schoningen stammte, war seit dem 4. Juni 1815 Lehrer in Hettensen. Er starb am 12. März 1816 am Nervenfieber und hinterließ sechs Kinder.]
Diese Sagen wurden von Rainer Glahe im Schuljahr 1962/63
niedergeschrieben nach Diktat der Frau Eva Kloos, geb. Kalkschmidt,
damals Lehrerin an der Volksschule zu Hettensen.
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